Kavaliersschmerzen

Kavaliersschmerzen

Vorzeitigen Samenerguss kennt wohl jeder Mann – und nichts ist für einen Mann unangenehmer, als ‚zu früh‘ zu kommen. Viele Männer haben daher richtige Techniken entwickelt, um ihre Erektion möglichst lange ohne Samenerguss aufrecht zu erhalten und ejaculatio praecox zu verhindern. Doch haben Sie schon mal von Kavaliersschmerzen gehört – quasi dem – schmerzhaften – Gegenteil von ‚zu rasch kommen’ ?

Kavaliersschmerzen, oft auch Bräutigamschmerzen genannt, können auftreten, wenn Männer sich bemühen, ihre Erektion möglichst lange aufrecht zu erhalten ohne zum Orgasmus zu kommen. Die Empfindungen werden als unangenehmes Spannungsgefühl bis hin zu ‚richtigen‘ Schmerzen im Hodenbereich beschrieben.

Diese Missempfindungen im Unterleib bedürfen aus medizinischer Sicht zwar keiner Behandlung und lösen sich meistens binnen Minuten bis weniger Stunden von selbst auf – dennoch sind sie äußerst unangenehm!

Sollten die Schmerzen länger anhalten, dann unbedingt eine Facharzt konsultieren. Schmerzen in den Hoden können auch Hinweis auf ernsthafte Erkrankungen sein!

‚…ein Kavalier der alten Schule..‘

Ein Kavalier ist ein Mann, der sich Damen gegenüber besonders höflich, taktvoll und hilfsbereit verhält – so die allgemeine Beschreibung. Der Begriff Kavalier kommt vom lateinischen Wort caballarius, ursprünglich Pferdeknecht.

Die naheliegende Erklärung für die Bezeichnung ‚Kavaliersschmerzen‘ ist wohl jene, dass ein Kavalier beim Geschlechtsverkehr seinen Orgasmus so lange hinauszögert, bis seine Partnerin sexuell befriedigt ist. Nun – inklusive Vorspiel und Hauptspiel kann das schon seine Zeit dauern…

Der Begriff Bräutigamschmerz dürfte aus ähnlichem Hintergrund heraus entstanden sein – allerdings bezieht er sich wohl nicht auf ein sexuelles Abenteuer einer Nacht, sondern auf die mitunter lange Phase der Enthaltsamkeit bei gleichzeitig stattfindender sexueller Erregung – zum Bespiel im Rahmen traditioneller Verlobungen.

Hodenschmerzen nach dem Sex

Kommt es (dann endlich) zu Sexualverkehr, wird dabei aber der Samenerguss beim Mann verzögert oder mechanisch gestört, kann dies zu Hodenschmerzen führen.

Sex ohne Ejakulation, bzw. einem trockener Orgasmus fehlt der Entspannungsimpuls für die Hoden, die sich nun nicht, wie nach der Ejakulation üblich, ‚relaxen‘ können. Die ausbleibende Endorphinausschüttung aufgrund des Ausbleibens der Ejakulation verspannt zusätzlich.

Männer beschreiben diesen Zustand als krampfartigen Schmerz im Hodensack – daher auch der landläufig gebräuchliche Name ‚Hodenkrampf‘. Kavaliersschmerzen treten also nach sexueller Erregung ohne folgende Ejakulation auf – und/oder auch nach einer Ejakulation, wenn zuvor die Erektion besonders lange aufrechterhalten wurde.

Wie kommt es zu Kavaliersschmerzen?

Während des Beginns der Erregungsphase gibt es vaskuläre, also die Blutgefäße betreffende Veränderungen in der Beckenregion, Puls und Blutdruck steigen an. Bei der Vasokongestion, im englischen auch sex flush genannt, schwellen bei Frauen Klitoris, Schamlippen und Brustwarzen an, und die weiblichen Geschlechtsteile werden feucht.

Männer bekommen im Zuge der Vasokongestion eine Erektion. Mit steigender sexueller Erregung fließt weiteres Blut durch die erweiterten Arterien in die Geschlechtsteile des Mannes. Zuerst in den Penis, der immer härter wird, aber auch in die Hoden, während sich die Venen, die Blut von den Geschlechtsteilen ableiten, im Zustand der sexuellen Erregung verengen.

Die Blutgefäße im Genitalbereich werden so während der Vasokongestion enorm erweitert. Die Hoden können sich in diesem Zustand auf ein Viertel bis zur Hälfte vergrößern. Der eigentliche Grund für Kavaliersschmerzen sind in Folge auftretende Krämpfe der glatten Muskulatur der Samenwege.

Wenn der Mann schließlich ejakuliert, verteilt sich der Druck in den Arterien und Venen wieder gleichmäßiger. Die Blutmenge im Genital vermindert sich in Summe, und auch Penis und Hoden verkleinern sich schnell wieder auf ursprüngliche Größe.

Falls es jedoch nicht zur Ejakulation kommt kann die weiterhin vorhandene Vasokonstriktion, also die andauernde Verengung der Gefäße, ein anhaltendes Gefühl von Schmerz, Druck oder Unwohlsein in den Hoden verursachen – Ausstrahlung in die und Schmerz in der Leistengegend inklusive.

Good to know: Bei Frauen kann ein ähnlicher Schmerz im Schamgebiet auftreten, wenn nach starker Erregung kein Orgasmus erreicht wird, jedoch gibt es hierfür keine eigene Bezeichnung. Wir schlagen im Sinn der Geschlechtergerechtigkeit ‚Kavalierin-schmerz‘ vor☺.

Samenstau?

Die weit verbreitete Vorstellung, dass bei einer dauerhaften Erregung und Erektion ohne Orgasmus immer größere Mengen an Sperma hergestellt und diese dann in den Hoden gelagert werden, was zu Druck und Schmerzen führt, ist allerdings falsch.

Der sogenannte Samenstau ist eine moderne Legende und dient lediglich als unzulängliche Ausrede im Zuge männlichen Machogehabes.

Im Hoden werden zwar laufend neue Spermien produziert, ‚ungebrauchte‘ Spermien werden aber nicht gesammelt, sondern entweder resorbiert oder in einer Pollution, einem unwillkürlichen Samenerguss, ausgestoßen.

Nicht benötigte Spermien lösen also auf, so dass die Menge der Samenzellen in etwa immer gleich bleibt – ob ein Mann jetzt regelmäßig ejakuliert oder nicht.

Wenn bei einem Date längere Zeit ein hohes Level an sexueller Erregung gehalten wird, ohne dass sich diese durch einen Orgasmus entladen kann, gibt es also keinen Samenstau, der ‚entstaut‘ werden muss, vielmehr handelt es sich um Kavaliersschmerzen. Und – ’nomen est omen‘ – jeder Mann sollte sich in einer solchen Situation auch wie ein Kavalier zu benehmen wissen.

Echte Kavaliersschmerzen sind übrigens nicht schädlich, bei länger andauernden Schmerzen sollte jedoch ein Arzt konsultiert werden, um etwaige Blutabflussstörungen oder andere ernsthafte Erkrankungen auszuschließen.

PS: Kavaliersschmerzen können auch eine Begleiterscheinung von Priapismus sein, also in Folge einer Dauererektion auftreten – doch dazu ein anderes mal mehr…

[abo]

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