Okay, wir verstossen hiermit gegen DIE Regel aller verkappten Gastro-Kritiker: Wer ein Lokal wirklich lieb gewonnen hat, der schweigt sich darüber aus und genießt klammheimlich. Und was machen wir? Wir hängen es an die große Glocke: Das Restaurant Tempel in Wien bietet seit Jahren eine außergewöhnliche Küche, kompetenten Service und einen Charme, der seinesgleichen sucht.
Und noch ein großer Fehler: Eine derartig euphorische Einleitung wirkt unglaubwürdig und sollte kritische Geister äußerst stutzig machen. Aber klar doch, entgegnen wir, denn wir verfolgen unsere eigenen Pläne. Aber nun alles der Reihe nach …
„Der Tempel“ wie das Restaurant von Kennern liebevoll genannt wird, ist ein kleines Lokal an der geschichtsträchtigen Wiener Praterstrasse. Der Zugang zum Innenhof-Lokal ist etwas versteckt, was auch erklärt, warum das feine Kleinod nach Jahren noch immer als Geheimtipp gilt.
Den Namen hat der Patron übrigens umsichtig gewählt: In der Umgebung des Lokals, im 2. Bezirk, befand sich einst Wiens größtes jüdisches Viertel mit zahlreichen Synagogen und Gebetstempeln. Und auch wenn das Haus selbst kein religiöser Bau war, pilgern Eingeweihte heute regelmäßig dorthin – allerdings um sich ganz und gar lukullischen Genüssen hinzugeben.
Wohlfühlen & entspannen
Rudolf Warzwiesinger hat schon früh die Harmonie von Ziegelböden, alten Gewölben und modernen Designerleuchten erkannt und war damit durchaus Vorreiter einer sachlichen Gastronomie-Ästhetik, die zwar ohne Schnörkel aber mit viel Emotion daherkommt.
Aus dem ehemaligen desolaten Installateur-Lager wurde mit großen Anstrengungen und viel Liebe zum Detail ein kleines Juwel geschaffen, das die Gäste bis heute immer wieder aufs Neue entzückt.
Im vorderen Bereich befindet sich der Schankbereich der seit einiger Zeit mit ein paar Stehtischen ausgestattet ist. Hier kann man sich – wenn man früh kommt – noch genüsslich einen kleinen Aperitif gönnen und im Schwätzchen mit dem Chef das Angebot des Tages gustieren.
Empfehlenswert das frisch gezapfte Trumer – ein feines Pils aus Salzburg mit 4,9 % Alkohol und 11,5 ° Stammwürze. Zudem gibt es immer wieder kreative Prosecco-Ideen und köstliche Fruchtsäfte (der herb-süße Quittensaft ist ein Hammer), die die Magensäfte so richtig zum Sprudeln bringen.
Im vorderen Bereich darf übrigens auch geraucht werden (wenn es unbedingt sein muss).
Hauben für die Küche, Kunst an den Wänden
Weiter hinten dann der eigentliche Gastraum mit nur 8 – 10 Tischen. Er besticht vor allem durch die gemütlichen Gewölbebögen, kleinen Nischen und den fantastischen Boden aus glasierten Ziegeln. Als Kontrast reduzierte Beleuchtung von modernen, aber zeitlos schönen Designerlampen und viele Grünpflanzen in den Ecken. Eine (zumeist) gute Auswahl von Werken zeitgenössischer Künstler verleihen dann endgültig jenes besondere Ambiente, das den einzigartigen Charme des Lokals ausmacht.
Was wäre aber das schönste Lokal ohne gute Küche? Gott sei Dank hat das klare Einrichtungskonzept eine würdige Entsprechung in der Küche gefunden: Gerichte ohne Schnickschnack, originell, kreativ und vor allem immer mit frischesten Zutaten. Darum verwundert es auch nicht, dass alle seit jeher die grundehrliche, feine und absolut mätzchenfreie Küche Rudolf Warzwiesingers lieben. Der Meister (das hört er übrigens gar nicht gern) kocht und kreiert – so hat man den Eindruck – aus Spaß an der Freud‘. Modische Spassetten und exotische Experimente sind nicht das Seine.
Nicht dass es an Neugier mangelt (die afrikanische Küche hat es ihm durchaus angetan), doch umgesetzt wird nur was tatsächlich plausibel ist. Saisonalen Produkten aus der Region werden jedenfalls wann immer möglich der Vorzug gegeben. Es erwartet Euch also eine Küche die mit den Jahren immer noch besser wurde, sich aber im Prinzip stets selbst treu geblieben ist.
Preis-Leistung
Und – in Zeiten wie diesen – auch nicht zu vernachlässigen, aus dramaturgischen Gründen aber erst zum Schluß: Gemessen an der Qualität der Speisen (und Getränke – die Weinauswahl ist klein aber fein) dürfen die Preise vorsichtig ausgedrückt als äußerst wohlfeil bezeichnet werden. Wie viele Lokale vergleichbarer Qualität bieten schon ein 5-Gang-Menü um 40.- € ?
Wer nur einen Kurz-Trip nach Wien macht, kann das Sightseeing übrigens gemütlich mit einer kurzen Rast im Tempel unterbrechen: Erstens liegt das Lokal unweit des Zentrums und zweitens werdet Ihr ein Mittagsmenü vergleichbarer Qualität nicht so schnell anderswo in dieser Stadt finden. Und der Preis ist dann tatsächlich nur als Witz zu bezeichnen (15.- bis 18.- €).
Fazit
Wer hier einen entspannenden, romantischen Abend in stimmungsvollem Ambiente verbringen will, wird rundum glücklich sein. Das A-la-Carte-Angebot ist gerade so groß, wie es eine kleine Küche souverän bewältigen kann, entsprechend hervorragend ist das Essen auch. Kleiner Tipp: Gönnt Euch zum Abschluß einen Espresso (Ristretto, oder mit Schuß als Corretto) – die Espresso-Maschine ist hervorragend und der dazugereichte selbstgemachte Konfekt ein Traum.
[red]
Öffnungszeiten:
Di–Fr 12–15 und 18–24, Sa 18–24,
warme Küche: 12–14.30, 18–23;
Sonntag & Montag Ruhetag;
Juli und August flexible Öffnungszeiten;
Weihnachtsferien geschlossen
Kreditkarten: mastercard , VISA, amex , Diners
Küchenchef: Rudi Warzwiesinger
Auf Wunsch werden übrigens auch viele vegetarische oder vegane Speisen frisch zubereitet
– einfach bei der Reservierung bekannt geben!
Web: www.restaurant-tempel.at
Bildergalerie:
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