Enten, Gänse, Wachteln, Stubenkücken, Maishähnchen, Perlhühner – Geflügel steht nicht nur bei Gourmets hoch im Kurs. Hühnchen & Co. sind auch bei Otto Normalverbraucher äußerst beliebt, und Verbraucher greifen gerne zu, denn Geflügel besticht durch sein zartes Fleisch, enthält viel Eiweiß und ist ein guter Lieferant für so lebenswichtige Mineralien und Vitamine wie Kalium, Magnesium, Zink, Folsäure und Vitamin B. Aber natürlich steht bei Feinschmeckern der besonders feine Geschmack im Vordergrund, der mit einer ungewöhnlich großen Anzahl an Aromen harmoniert.
Abseits ordinärer Supermarkt-Hühner haben wir uns deshalb auf die Suche nach den edelsten Geflügelrassen gemacht und durften dabei so manch freudige Erfahrung machen. Und so präsentieren wir euch an dieser Stelle Gourmet-Geflügel für Feinschmecker und Liebhaber feinsten Federviehs. Hier geht es nicht um Supermarkthuhn gegen Biohähnchen oder völlig verschnöselte Gourmet-Dekadenz, wir sind bei unserer Recherche zu der ebenso simplen wie nachvollziehbaren Erkenntnis gelangt, dass respektvoller Umgang mit Nutzvieh sich zwangsläufig positiv auf den Geschmack auswirkt.
Da die hier vorgestellten Rassen allesamt beste Lebensbedingungen und Aufzucht genießen, überrascht auch das Geschmacksergebnis nicht. Allerdings schlägt sich dieser Umstand auch auf den Preis nieder, manchmal zu Recht, manchmal aber ist die Preisdimension nicht mehr nachvollziehbar und der geschmackliche Mehrwert fraglich – aber macht euch selbst ein Bild.
Die Bresse – das Paradies der Hühner
Die Bresse – ein 3536 Quadratkilometer großes Gebiet zwischen Jura und Saone in Frankreich – gilt als regelrechtes Geflügelparadies. Das Federvieh aus dieser Gegend – genaugenommen die Bresse-Hühner, also Poularde, Poulets und Chapon (Kapaun) – führt die Ursprungsbezeichnung AOC („Appellation d’Origine Contrôlée“), was bedeutet, dass dessen Aufzucht strengsten Auflagen entsprechen muss. Selbst Perlhühner, Truthähne, Enten, Gänse und Tauben führen diese Ursprungsbezeichnung nicht und dürfen nur als Geflügel „aus der Bresse“ gehandelt werden.
Dabei wäre die Rasse der Bresse-Hühner in den 1960er-Jahren beinahe ausgestorben, wäre nicht der Schlachthofbesitzer Roger Mieral gewesen, der im Jahr 1960 die letzten drei verbleibenden Züchter zusammentrommelte, um das außergewöhnliche Geflügel zu retten. Sein Einsatz lohnte sich: heute züchten wieder mehr als 400 Geflügelbauern die typischen Rassen der Region, und das sogenannte Mieral-Geflügel gilt als Delikatesse bei den Gourmets dieser Welt.
Jean Claude Mieral, der Sohn von Roger Mieral überwacht seitdem die Qualität des Bresse-Geflügels und spornt die Züchter zu Spitzenleistungen an. Denn nur die Tiere der besten Betriebe werden unter der begehrten Mieral-Plakette vertrieben. Seine Kontrollen sind freundschaftlich, aber noch präziser als die der AOC-Kontrolleure: Jedem einzelnen Tier müssen mindestens 10 Quadratmeter Freiland zur Verfügung stehen, das es, in einer kleinen Gruppe von maximal 500 Tieren, nach Herzenslust durchkämmen kann. Mindestens vier Monate darf das Geflügel im Freien verbringen, bevor es für 10 bis 18 Tage in einem stillen, warmen Stall mit speziellem Futter gemästet wird. Haben die Vögel ihr Gewicht erreicht, werden sie möglichst stressfrei geschlachtet und händisch verarbeitet. Resultat dieser Mühen ist das wohl schmackhafteste Geflügel der Welt.
Bresse-Huhn
Ein schneeweißes Gefieder, blaue Läufe und ein stolzer roter Kamm zeichnen das wohl glücklichste Geflügel der Welt aus – das Bresse-Huhn. Als Freilandhuhn stehen jedem Tier zumindest 10 m² zur Verfügung, gefüttert wird ausschließlich regional angebauter Mais und Buchweizen, geschlachtet wird direkt beim Züchter. Charakteristisch bei dieser Rasse sind die fleischige Brust sowie die langen und festen Keulen. Das fein strukturierte Fleisch erinnert leicht an Wildgeflügel, der Geschmack ist fein und doch charakteristisch. Das mit Fett bis in die innersten Fasern durchwachsene Fleisch des Geflügels aus der Bresse ist besonders saftig und zerschmilzt förmlich im Munde. Damit das Geflügel seine Qualität optimal bewahrt, muss es im eigenen Saft braten.
Enten aus der Bresse
Die Qualität des Wildgeflügels aus der Bresse sucht weltweit ihresgleichen. Die Tiere grasen in völliger Freiheit und erhalten nur streng reglementiertes Zusatzfutter. Erst nach einer langen Aufzuchtphase werden die Enten geschlachtet und begeistern mit fettarmem Fleisch. Die beste Zeit für Enten ist die Spanne von Oktober bis Januar. Besonders mager und wohlschmeckend sind Exemplare mit 2500 bis 3500 g.
Die bekannte Barbarie-Ente (auch Flugente) ist übrigens eine Züchtung aus Haus- und Wildente. Diese Enten werden auf eigens ausgewählten Höfen gezüchtet und ebenfalls nach den strengen Regeln Mierals gehalten. Dank der besonderen Fleischqualität und der Subtilität seines Geschmackes wird das Fleisch der Barbarie-Ente als ein Symbol der französischen Gastronomie angesehen, mittlerweile wird es aber weltweit vertrieben.
Auch wenn die Bresse als wahres Geflügelparadies gilt, so gibt es selbstverständlich auch in anderen Gegenden dieser Welt wunderbares Geflügel.
Label Rouge-Perlhühner
Burgunderhühner, wie die Label Rouge-Perlhühner aus dem Burgund auch genannt werden, werden ebenfalls ihrem Bewegungsdrang entsprechend gehalten. Äußerlich haben sie allerdings mit normalen Haushühnern nichts gemein. Perlhühner haben ein Gefieder mit schwarzer oder grauer Grundfärbung, mit der typischen namensgebenden Zeichnung: feinen weißen Punkten, die sich über die gesamte Befiederung verteilen. Kopf und Hals sind immer unbefiedert, die nackte Haut dieser Partien ist oft sehr farbenfroh. Perlhühner zählen übrigens zu den ersten Vögeln, die vom Menschen domestiziert wurden. Das Fleisch ist fest und dunkel mit leichtem Wildgeschmack.
Schwarzes Huhn
Dieses Tier, auch liebevoll „König des Bodens“ genannt, prägte das klassische Bild der Tradition des französischen Geflügels und ist Grundlage für viele andere Arten. Nicht nur die Federn sondern auch Kamm, Kehllappen, Schnabel, Beine und Haut der Tiere sind schwarz. Das Fleisch des Schwarzen Huhns ist sehr saftig und kompakt und entwickelt beim Kochen unvergleichliche Geschmacksnuancen. Schwarze Hühner sind nicht nur als Schlachtvieh eine beliebte Delikatesse, sie sind auch exquisite Legehühner und bringen es auf zirka 150 Eier im Jahr.
Ribelmais-Poularde
Die Geflügelspezialität aus dem schweizer Rheintal genießt ihren hervorragenden Ruf vor allem durch die spezielle Ernährung, die es während der Aufzucht erhält. Die Tiere erhalten vorwiegend eine Getreidemischung, die zum Großteil aus echtem Rheintaler Ribelmais besteht. Bei dieser speziellen Sorte handelt es sich um Mais mit der geschützten Ursprungsbezeichnung AOC. Durch diese spezielle Fütterung und den großen Auslauf im Freiland in kleinen Herden, reift Fleisch mit exquisitem Geschmack und hervorragendem Biss heran.
Sulmtaler Huhn
Auch in Österreich gedeiht Geflügel, das Gourmetherzen höher schlagen lässt. Das Sulmtaler Huhn bzw. der Sulmtaler Kapaun (kastrierter Hahn) stammt aus dem südsteirischen Weinland und kann auf eine jahrhundertealte Geschichte verweisen. Die „Hendln“, wie die Hühner in Österreich liebevoll genannt werden, waren über die Grenzen hinaus beliebt, und der Sulmtaler Kapaun war wie der große Bruder aus Frankreich, der Chapon des Bresse, als eine der größten Geflügeldelikatessen Europas bekannt. Dennoch wäre die Rasse im Zuge der Industrialisierung beinahe ausgestorben, hätten sich nicht rechtzeitig einige Liebhaber gefunden, die sich um die professionelle Aufzucht des Edelgeflügels kümmern.
Heute können die Tiere über eine gut organisierte Vermarktungsgemeinschaft bezogen werden und erfreuen sich trotz ansehnlichen Preises großer Beliebtheit in der Welt der Feinschmecker. Tatsächlich schmeckt das Fleisch, vor allem jenes der Sulmtaler Kapaunen, ganz hervorragend. Es ist saftig und zart und hat einen feinen Eigengeschmack. Kein Wunder, braucht es doch 160 bis 180 Tage bis zur Schlachtreife – das ist die vier- bis fünffache Zeit im Vergleich zu einem Batteriehuhn – und bringt so wesentlich mehr Gewicht auf die Waage als Hybridhühner.
Wenngleich die Steiermark als Paradies für gebackene Hühner (Backhenderl) gilt, sollte diese Zubereitungsform für das Sulmtaler Huhn aufgrund der einzigartigen Fleischstruktur nicht gewählt werden. Vielmehr ist es geradezu prädestiniert, um als Brathuhn dargebracht zu werden. Wir konnten uns von der Saftigkeit und dem herrlichen Geschmack in einem der entzückenden Lokale entlang der Weinstraße überzeugen, wollen aber anmerken, dass der Kilopreis eines Kapauns mit etwa 35 Euro (!) im Verkauf doch einigermaßen happig ist.
Foto © www.ribelmais-poularde.ch
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