Kitsch & Küche – Genusstipps aus Österreich

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Kitsch, Restaurantes, Genuss

Alpiner Kitsch und hohe Küchenkunst

Wow, diesmal trauen wir uns was – Meckern auf höchstem Niveau sozusagen, aber mit freundlichem Augenzwinkern. Worum geht es? Also, wir haben uns Sarah Wiener-mäßig durch die österreichischen Alpen gewälzt, um interessante kulinarische Hot Spots für euch ausfindig zu machen.

Abseits der ausgelatschten Pfade, dennoch kein Minderheitenprogramm – das waren die Vorgaben. Zum ersten Mal sind wir allerdings nicht wirklich sicher, ob es uns tatsächlich gelungen ist diese Vorgaben einzuhalten, aber urteilt bitte selbst.

Bei uns jedenfalls haben die Vorgaben mehr Fragen aufgeworfen, als Ideen geliefert, soviel sei unumwunden zugegeben. Wie sollten wir die Story anlegen, eher als Gourmetkritik oder doch als Genusstipp? Nun, der Titel lässt es euch erahnen, es ist letztlich beides geworden. Und wie so oft, hat der Zufall bei der Ideenfindung Regie geführt. Und das kam so: auf unserer Reise durch Österreich erhielten wir von einer lieben Bekannten den Tipp unbedingt die Villa Verdin am Millstätter See zu besuchen. Die sei DAS große Ding für die urlaubsbegeisterte Wiener Bobo-Szene, cooler ist nur mehr ein Kühlschrank.

Wir also nicht zögerlich, ab nach Kärnten. Und, wir machen es kurz, es war wirklich süß. Villa Kunterbunt für Große, Motto: wer braucht schon perfekt eingedeckte Tische, wenn er sich in Setting und Flair von Peter Fox‘ „Haus am See“ wieder findet? Und doch, uns war die Hipness des Hotels, dann doch ein bisschen zu gekünstelt und das hoteleigene Restaurant zu bieder. Aber wir hatten unser Thema: Kitsch & Küche

Restaurant Heimatliebe, Tirol

Restaurant Heimatliebe, Kitzbühel

Inspiriert vom Retrocharme der Kärntner Bobo-Herberge begeben wir uns also auf die Suche nach den absolut durchgeknalltesten Restaurants des Landes. An dieser Stelle ist allerdings eine kleine Präzisierung angebracht. Durchgeknallt heisst: verrückte Location, abartige Einrichtung, geniales Essen – die perfekte Kombination von schrägem Kitsch und höchster Küchenkunst. Und – sonnenklar – da haben die Ösis einiges zu bieten.

Unsere erste Reise führt uns also nach Tirol, genauer: Kitzbühel! Alpen-Mallorca für Schnösel und Adabeis, muss man eigentlich nicht mehr viel dazu sagen. Herrliche Landschaft, unterbrochen durch einige facegeliftete Fratzen mit Louis Vuitton Taschen – köstlich! Das Ambiente passt also schon mal, fehlt noch die Location.

Auch schnell gefunden: im Grand SPA Resort A-ROSA Kitzbühel hat 2010 ein neues Restaurant eröffnet. Das ehemalige „Kaps“ hat sich in das Gourmetrestaurant Heimatliebe verwandelt, geführt vom jungen Tiroler Koch Andi Senn. Und der Jungspund zaubert wahrlich österreichische Spitzenkulinarik auf die Teller seiner Gäste.

Vorspeisen, Restaurant Heimatliebe

Nur 30 Plätze stehen in dem Erlebnisrestaurant zur Verfügung – damit soll der hohe Qualitätsanspruch gehalten werden. Übung gelungen, soviel können wir euch verraten. Nur die besten – zumeist regionalen – Zutaten werden in der Küche verwendet. Und der junge Mann versteht sein Handwerk gar vorzüglich, innovativ aber niemals abgehoben präsentiert sich die Karte. Dazu passend, die Weinkarte mit erlesenen österreichischen Tropfen – auch hier wird der Heimatgedanke erfolgreich weitergesponnen.

Der absolute Kracher aber ist die Einrichtung: Edelkitsch par excellence, kein Tiroler Heimatklischee wird ausgelassen. Damit das ganze aber witzig daherkommt, wird der Stil bis zur Absurdität überhöht. Dies manifestiert sich dann einerseits in den hyperrealen Bildern künstlicher Almromantik an den Wänden, andererseits an den extra entworfenen Trachtenkostümen der Servicemitarbeiter. Großes Kino!

P.S: Was uns allerdings nicht ganz klar ist, warum sich das Tiroler Restaurant namens HEIMATLIEBE ausgerechnet auf einer deutschen Domain im Internet präsentiert ….

Kleinsasserhof, Kärnten

Kleinsasserhof, Restaurant in Spittal and der Drau

Was für ein Kontrast: das Restaurant Kleinsasserhof in Spittal an der Drau ist in einem ehemaligen Bauernhof aus dem 16. Jahrhundert untergebracht, fernab von Schickis und Mickis. Auf den ersten Blick scheinbar das komplette Gegenteil des Tiroler Gourmettempels, der 2. Blick allerdings bringt Verblüffendes zu Tage. Walli und Josef Gasser, die Besitzer des einmaligen Berggasthofs sind nämlich durchaus verrückte Zeitgenossen. Sie haben nicht nur den Hof liebevoll und aufwändig renoviert, sondern dabei auch die Gelegenheit genutzt, diesen mit einem Sammelsurium an Kuriositäten aller Art vollzustopfen. Von Heiligendevotionalien aller Glaubensrichtungen bis zum NASA-Astronautenanzug findet sich hier alles was der gelernte Innenausstatter bei Strafe verboten hat.

Aber, was soll man sagen, irgendwie passt das, man kommt gar nicht aus dem Staunen heraus! Und so verrückt das Styling auch sein mag, hier lässt sich absolut hervorragend schmausen. Denn der Herr Patron hat nicht nur einen ausgefallenen Geschmack sondern auch ein talentiertes Händchen für grundsolide Speisen mit exzellenten Produkten aus der Region. Und „grundsolide“ soll hier keineswegs abwertend rüberkommen, es bezeichnet vielmehr die hohe Kunst der Speisenzubereitung ohne aufgesetzte Kreativität oder vordergründige Effekthascherei.

Esszimmer im Kleinsasserhof

Das Personal kümmert sich leger aber aufmerksam um uns und vermittelt so authentisch, dass wir als Gäste ehrlich willkommen sind. Im familiär geführten Betrieb fühlt man sich wirklich sofort wie von einer Familie aufgenommen. Dazu der wunderbare Trödel in den Stuben und ein zauberhafter Gastgarten im Sommer (übrigens mit gigantischer Buddah-Statue), herrlich. Ausgestopfter Elchkopf neben billiger Frida Kahlo-Kopie, tolle Produkte (meist aus Eigenproduktion) und eine sagenhafte Weinkarte – Herz, was willst du mehr!

Um den Aufenthalt in vollen Zügen genießen zu können, sollte man übrigens das Auto stehen lassen und dafür eines der sechzehn liebevoll gestalteten Zimmer nehmen. Schließlich winken am Morgen danach ein wirklich köstliches Frühstück in der „Villa Kuriosa“ und – je nach Jahreszeit – ein erfrischender Sprung in den angelegten Badeteich oder ein entspannender Aufenthalt in der urigen Saunahütte.

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