Selten trifft es Männer, allzu häufig jedoch Frauen: Anzügliche Blicke, ein Witz unter der Gürtellinie, zotige Sprüche, ein Klaps auf den Po. Lange genug wurde das Thema “Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ totgeschwiegen und mit einem Lächeln oder Augenzwinkern abgetan. Doch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, kommt häufiger vor als vermutet. Gehören solche peinigenden Erlebnisse zu deinem beruflichen Alltag? Dann setz dich zur Wehr!
Mit sexuellen Übergriffen kann prinzipiell jede Person am Arbeitsplatz konfrontiert werden, meist sind jedoch Frauen davon betroffen. Zwei Drittel aller Frauen fühlten sich im Laufe ihrer Berufstätigkeit schon einmal sexuell belästigt. Während sich Täter über ihre “Kalauer” amüsieren und genüsslich ihre Macht demonstrieren, leiden die Betroffenen meist unter der psychischen Belastung. Oft scheint die Kündigung des Arbeitsplatzes der letzte Ausweg aus der Misere.
Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?
Unter sexueller Belästigung am Arbeitsplatz versteht man, vereinfacht gesagt, eine dort stattfindende sexuelle Annäherung, die nicht erwünscht ist. Die Erscheinungsformen sind vielfältig, oftmals sind es erstmal nur Worte, die weiteren Taten vorangehen: anzügliche Witze, blöde Sprüche, hinterher Pfeifen, eindeutige sexuelle Äußerungen, Bemerkungen über Figur oder sexuelles Verhalten des Opfers, unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht, Telefongespräche, E- Mails oder SMS mit sexuellen Anspielungen. Begleitet wird dies häufig von entsprechender Mimik und Gestik wie Anstarren oder taxierenden Blicken.
Schließlich werden Täter oft handgreiflich: Grapschen, Betatschen, unerwünschte Berührungen, aufgedrängte Küsse, erzwungene sexuelle Handlungen, exhibitionistische Handlungen, peinigende Vorfälle bis hin zur sexuellen Nötigung bzw. Vergewaltigung. Auch sexuelle Erpressung in Form von Versprechungen beruflicher Vorteile bei sexuellem Entgegenkommen oder Androhen von beruflichen Nachteilen bei sexueller Verweigerung werden angewandt. Schließlich zählt das Anbringen von Pin-Up-Posters wie auch die Verwendung pornographischer Hintergrundbilder am PC oder einschlägiger Mouse-Pads zu den Äußerungsformen sexueller Übergriffe.
Kündigung ist kein Ausweg
In den meisten Fällen reagieren die Betroffenen mit Angst oder Scham, suchen die Schuld bei sich selbst und werden von Schuldgefühlen geplagt. Sexuelle Belästigung verursacht somit Stress und starke psychische Belastung. Dies kann zu Schlafproblemen, Angstzuständen, aber auch Depressionen führen. Die Opfer fühlen sich ohnmächtig und dem Belästiger schutzlos ausgeliefert. Sie fürchten um ihren Arbeitsplatz, finden jedoch meist nur wenig Unterstützung im Betrieb oder wollen sich aus Angst, nicht ernst genommen zu werden, niemanden anvertrauen.
Sie sind unfähig, Gegenmaßnahmen zu setzen und leiden still in sich hinein. Da die wenigsten Betroffenen auf Dauer dem permanenten Druck standhalten, sehen sie sich früher oder später gezwungen, ihren Arbeitsplatz zu verlassen. Das Problem erfährt auf diese Weise die schlechteste aller Lösungen: Der Arbeitsplatz des Opfers ist futsch, der Täter behält sein Ansehen und belästigt munter weiter.
Wie du bei sexueller Belästigung vorgehen solltest
- ”Sexy” ist kein Kompliment: Nimm deine Empfindungen ernst und werde dir darüber klar, wann es sich um eine Belästigung handelt.
- Verfalle nicht in die Opferrolle: Gib deinem Kollegen ein klares ”Nein” zu verstehen. Mache den Belästiger höflich aber bestimmt darauf aufmerksam, dass sein Verhalten unerwünscht ist.
- Drohe mit einer Anzeige: Fordere den Täter auf, ein derartiges Verhalten dir gegenüber in Hinkunft zu unterlassen und drohe damit, dich zu beschweren und den Angriff öffentlich zu machen.
- Schalte einen Experten ein: Führe Aufzeichnungen und sichere Beweise. Fertige ein Protokoll der Vorfälle an, das du beim Rechtsanwalt für eine später Beschwerde hinterlegst.
- Habe keine falsche Scham: Wenn der Belästiger sein Verhalten nicht ändert, melde die Vorfälle deinem Vorgesetzten oder dem Betriebsrat. Schalte auch deinen Chef ein!
- Lass dir helfen: Wende dich an die Gleichstellungs- oder Frauenbeauftragte deines Unternehmens oder deiner Dienststelle.
- Mache von deinem Recht Gebrauch: Sexuelle Belästigung gilt von Gesetzes wegen als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und ist damit ausdrücklich verboten. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, Betroffene im Falle einer sexueller Belästigung zu schützen, bzw. Abhilfe zu schaffen. (z.B. durch Ermahnung, Versetzung oder Kündigung).
- Informiere dich ausreichend: In besonders harten Fällen steht es dir offen, mit Leistungsverweigerung zu reagieren.
- Fordere Schadensersatz: Bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz haben Opfer einen Anspruch auf einen angemessenen Schadensersatz. Prüfe, ob ein solcher Anspruch besteht.
- Lass den Täter nicht unbestraft: Sexuelle Belästigung, beispielsweise durch unsittliches Berühren, ist ein strafrechtlicher Tatbestand! Bei Vorliegen einer Nötigung kann nach dem deutschen Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren, in sehr schweren Fällen bis zu fünf Jahren verhängt werden.
[nipete]
Linktipps & Quellen:
- Sexuelle Belästigung: „Hab dich nicht so, Püppchen!“
Sexuelle Belästigung: Bis hierher und nicht weiter
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (D)