Den Aperitif kennt jeder – ein kleines Glas Alkohol zur Anregung des Appetits und Stimmungsaufhellung vor dem Essen gehört bei einem gemütlichen Zusammensein bei Speis und Trank einfach dazu.
Der Digestif führt hingegen im Vergleich zu seinem bekannten Gegenstück ein vergleichsweise stiefmütterliches Dasein. Dabei kann ein Digestif ein gelungenes Essen perfekt abrunden. Lesen Sie bei uns was es mit dem „Verdauerli“, dem Verdauungsschnaps so auf sich hat und welche Getränke sich als Digestif eignen. Plus: Die besten Digestifs im Überblick
All about Digestifs
Der Begriff Digestif stammt aus dem Lateinischen. Digestio bedeutet „Verdauung“ und ja, Digestifs wirken – so sagt man – verdauungsfördernd. In der Schweiz heißt das Glas nach dem Mahl mancherorts „Verdauerli“, in manchen deutschen Gegenden sagt man „Verrisserle“, in anderen spricht man vom „Zerhacker“.
Österreicher nennen den Digestif auch „Absacker“. Gemeinsam ist allen Digestifs, dass es sich um ein alkoholisches Getränk handelt, das man – eben im Gegensatz zum Aperitif – nach, und nicht vor einer Mahlzeit trinkt.
Digestifs sind im Regelfall hochprozentige Spirituosen, die ein Gastgeber nach einem Essen pur oder verfeinert reicht. Man unterscheidet dabei grundsätzlich fünf Arten von Verdauungsschnäpsen, wobei die Abgrenzungen manchmal verschwimmen:
- Klare Spirituosen
- Obstler
- Wein- und Tresterbrände
- Kräuterbitter
- Liköre
Klare Spirituosen – der beliebte Digestif
Klare Spirituosen trinkt man meist als shot. Es handelt sich um „klare Schnäpse“, die – auch wegen ihres recht hohen Alkoholgehalts – intensiv, scharf und „streng“ schmecken. Typische Vertreter sind Wodka oder Aquavit.
Als Digestif schmeckt Wodka im Schnapsglas als „kleiner Klarer“ oder gekühlt auf Eis. Besonders in den Staaten des ehemaligen Ostblocks, aber auch in skandinavischen Ländern ist Wodka oder Vodka – einfach eine andere Schreibweise – überaus beliebt. Er wird aus Getreide hergestellt und ist für die meisten Gaumen eher geschmacksarm. Die verschiedenen Sorten unterscheiden sich aber in ihrer Schärfe und im Alkoholgehalt beträchtlich voneinander.
Ebenfalls sehr beliebt in nordischen Staaten ist Aquavit. Er ist eine hochprozentige, auf Kümmel basierende Spirituose mit einem markanten fenchelartigen Geschmack und Geruch. Aquavit wird meist mit Wasser verdünnt getrunken, wird aber – anders als Ouzo oder der türkische Raki – dadurch nicht milchig weiß.
Good to know: Hierzulande wird in vielen griechischen oder türkischen Restaurants Ouzo oder Raki auch nach dem Essen gereicht. Ursprünglich ist der Anisschnaps aber kein Digestif, sondern ein Aperitif, der mit Vorspeisen serviert wird.
Obstbrände – der traditionelle Digestif
Auch Obstbrände sind klare Getränke die – nomen est omen – aus Obst hergestellt werden und leicht fruchtig schmecken. Die Früchte, die für die Herstellung von „Obstlern“ verwendet werden, stammen meist von Streuobstwiesen.
Apfel, Birne, Kirsche und Zwetschke bzw. Pflaume sind die beliebtesten Sorten, die üblicherweise im kleinen Stamperl bei Zimmertemperatur gereicht werden.
Am Land gehört das kleine Schnapserl nach dem Essen seit jeher zur guten Tradition. Auch Früchte, die roh nicht zum Verzehr geeignet sind, werden als klarer Schnaps verarbeitet. Der Bekannteste – und teuerste – ist sicher der Vogelbeerschnaps.
Wein- und Tresterbrände – der trendy Digestif
Wein- und Tresterbrände stammen auch von Obst – sie werden aus Trauben bzw. „Trester“ hergestellt.
Weinbrand ist ein EU-weit geschützter Begriff für eine Spirituose, deren Alkoholinhalt vollständig aus Wein stammt wobei die entsprechende EU Verordnung Brandy und Weinbrand gleichsetzt.
Destillate aus Wein zählen zu den ältesten Spirituosen der Welt. Sie sind eigentlich farblos. Die Voraussetzung, damit ein Destillat sich Weinbrand oder Brandy nennen darf, ist aber, dass er in Holzfässern lagert. Echter Weinbrand muss für mindestens sechs Monate im Eichenholzfass reifen – nur dann bekommt er seine goldbraune Farbe und das typische Bouquet.
Weinbrand hat einen Mindestalkoholgehalt von 36 Volumenprozent. Am Liebsten trinkt man ihn mit Eis.
Good to know: Weinbrand ist kein Branntwein!! Branntwein ist üblicherweise eine Mischung aus Spirituosen und kein Destillat aus Wein.
Tresterbrände werden auch auf Traubenbasis hergestellt, allerdings nicht direkt aus den Weintrauben, sondern aus den bei der Weinherstellung anfallenden Resten, dem sogenannten Trester. Für einen Tresterbrand müssen Stiele, Schalen und Kerne von eher gschmackigen Weinsorten wie Gewürztraminer, Nebbiolo oder Moscato verwendet werden.
Der bekannteste Tresterbrand ist sicher der italienische Grappa, der sich als Digestif perfekt für alle italienisch angehauchten Menüs – aber nicht nur für diese – eignet.
Kräuterbitter – der gesunde Digestif
Kräuterbitter, auch Kräuterliköre genannt, stammen ursprünglich aus Klöstern und Klosterapotheken und gelten tatsächlich als gesund.
Fakt ist aber: Während Alkohol der Verdauung nicht zuträglich ist – bei dieser Weisheit handelt es sich eher um eine „urban legend“, denn um ein wissenschaftliches Faktum – ist die beruhigende Wirkung von Kräutern auf den Magen-Darm-Trakt nicht nur historisch überliefert, sondern auch wissenschaftlich bewiesen.
Viele der heute als Digestif beliebten Kräuterbitter entstanden in französischen oder italienischen Klöstern. Der allseits beliebte Averna stammt z.B. aus Italien; Bénédictine und Chartreuse aus französischen Klöstern. Andere noch heute bekannte Namen sind Ramazzotti, Campari und (Fernet) Branca. Kräuterliköre werden als shot oder auf Eis getrunken.
Kräuterbitter, manchmal auch Magenbitter genannt, schmecken – no na – üblicherweise bitter und haben einen Alkoholgehalt von mindestens 15 Prozent. Manche der Kräuterspirituosen weisen allerdings einen sehr hohen Zuckergehalt auf, was der medizinischen Wirkung leider nicht zuträglich ist. Zudem verschwimmt die Grenze zu unserer letzten Gruppe von Digestifs, den Likören.
Liköre – der süsse Digestif
Haben Kräuterbitter einen hohen Zuckergehalt und zwischen 15 und 40 Prozent Volumenprozent Alkohol, zählen sie nämlich zu den Likören.
Liköre sind aus verschiedensten Zutaten angesetzt. Neben Kräutern sind Liköre aus Beeren, aber auch aus exotischen Früchten oder heimischem Obst sehr beliebt. Limoncello ist sicher einer der bekanntesten Fruchtliköre. Er ist auf Zitronenbasis hergestellt.
Daneben gibt es noch sehr deftige und kräftige Varianten, die außer als Digestif für jene, die es gerne süß haben, auch gern in Cocktails zum Einsatz kommen. Baileys ist hier sicher der bekannteste Name – die Kurzform für Baileys Original Irish Cream. Bei Baileys handelt es sich um einen irischen Sahne-Whiskeylikör mit einem Alkoholgehalt von rund 17%.
Aber es gibt auch Varianten mit Karamell- Marzipan oder Schokogeschmack, oder auch den mancherorts beliebten Mozartlikör, der nach Schoko, Nougat, Pistazien und Marzipan schmeckt. Ebenfalls recht bekannt: Amaretto – der aus Italien stammt und intensiv nach Marzipan riecht.
Liköre reicht man in langstieligen Likörgläsern – ohne Eis – bei Zimmertemperatur.
Top Ten – die besten Digestifs
Wir haben in der Redaktion eine kleine Umfrage gemacht und präsentieren Euch an dieser Stelle die zehn beliebtesten Digestifs unserer Redakteure. Die Auswahl ist natürlich rein subjektiv, und wie ihr sehen könnt schwer kräuterlastig. Weinbrände und Edelbrände wurden gar nicht genannt, die Kollegen waren der Meinung, dass es dafür einer eigenen Kategorie bedarf. Nun denn:
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1. Averna Don Salvatore (34 Vol.-%) – der große Bruder des „normalen“ Averna, auch preislich. Sehr feingliedrige Nase, milde Struktur und ausgewogener Kräuterspiegel.
2. Chartreuse verte (55 Vol.-%) – ein Barklasiker mit angeblich 130 Kräutern. Auffallend, das spaciges Grün mit minzigem Abgang.
3. Bràulio Riserva Speciale (24,7 Vol.-%) – sehr alkoholschwach, dafür mit ausgewogener Süße und Bitterkeit. Top-Mischung aus Kräutern, Anis und Kümmel
4. Amaro di Angostura (35 Vol.-%) – Ein Bitter wie aus dem Buche und doch etwas speziell. Hier erinnert der Geschmack neben dem typischen Kräuternoten auch an schwarze Nüsse, Karamell und Schokolade.
5. Appenzeller Alpenbitter (29 Vol.-%) – bester Schweizer Bitter-Likör mit Enzian und Wacholder. Zarte Süße, leicht ledrig im Abgang.
6. Cynar 70 Proof (35 Vol.-%) – kräftiger als der „normale“ Cynar, dafür mit Anleihen an Spekulatius, schwarzem Pfeffer und Kurkuma.
7. Montenegro Amaro (23 Vol.-%) – alkoholmäßig brustschwach, geschmacklich ein toller Amaro, allerdings mit ordentlich Bitternoten.
8. Jägermeister Manifest (38 Vol.-%) – deutscher Klassiker für das Premium-Segment mit 1 Jahr Fassreife in Eichenfässern gepimpt. Schöne Farbe, leichter Vanille Abgang.
9. Zwack Unicum Zwetschke (35 Vol.-%) – Zwack Unicum ist das ungarische Nationalgetränk, ein Magenbitter wie aus dem Bilderbuch. Mit dem jungen Ableger Zwack Unicum Zwetschke ist dem Unternehmen etwas Besonderes gelungen. Der Kräuterlikör Unicum wird dafür mit gedörrten Zwetschken mehrere Monate lang in Eichenholzfässern gelagert und bietet dadurch ein völlig neues Geschmackserlebnis.
10. Brasilberg (42 Vol.-%) – ein ganz spezieller Kräuterbitter aus dem Hause Underberg. Aus erlesenen Kräutern des Amazonasgebietes hergestellt, vermittelt dieser Amaro do Brasil die perfekte Mischung aus brasilianischer Lebensfreude und deutscher Perfektion. Moderat bitter, Kräuternote erinnert an Koriander, Lakritz und grüne Banane.
Neuer Trend Trinkessig
Wer unter den vorgestellten Digestifs seinen Favoriten noch nicht gefunden hat, dem können wir noch Trinkessige ans Herz legen.
Trinkessige sind genau das was der Name beschreibt: Exquisite Essige zum Trinken. Sie enthalten nur ganz geringe Mengen an Alkohol und basieren auf vielfältigen Aromen. Feine Himbeeressige oder Essige aus Äpfeln sind die bekanntesten Varianten, aber auch solche mit Rosen- oder Ingwergeschmack oder Zimt- und Vanillearomen eignen sich wunderbar als alkoholarmer Digestif.
In diesem Sinn – wer ein Menü anbietet, sollte nicht nur einen Aperitif offerieren, sondern nach dem Essen noch nach Digestifwünschen fragen – und die Bar gut gefüllt haben.
Linktipps:
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Quelle: Die besten Digestifs nach dem Essen – Schnapsblatt